7Mesh: Eine Sache der Mentalität

6. April 2021

Die kleine Marke 7Mesh gilt als grosser Geheimtipp in der Radwelt. Die detailverliebten Kanadier ­produzieren High-End-Bekleidung für Mountainbike und Rennvelo – weil sie gar nicht anders können: Es steckt in ihrer DNA.

Fotos: zVg 7Mesh

Autorin, 4-Seasons Magazin
Hat für uns hinter die Kulissen geschaut
Drei Begriffe fallen immer wieder im Gespräch mit Tyler «TJ» Jordan: DNA, Mentalität, Qualität. Und alle drei verknüpft der Kanadier immer wieder mit der Schweiz. «Die Schweizer Mentalität ist ganz nah dran an der von 7Mesh. Beide wissen, worauf es ankommt – nämlich auf Qualität.» 7Mesh, das ist eine sehr kleine, sehr feine Rad­bekleidungsmarke, die als Geheimtipp unter den Velo-Fanatikern gilt – und TJ ist ihr Gründer und CEO. Bekannt ist 7Mesh für seine Detailverliebtheit, für langlebige, minimalistische Produkte sowohl für MountainbikerInnen wie für Rennrad- oder Gravel-Fans. Die Kollektion ist überschaubar, aber exakt aufeinander abgestimmt, und jedes einzelne Teil zu 100 Prozent funktional, verlässlich und durchdacht. Zu Hause ist die Marke in Squamish in British Columbia an der Westküste Kanadas. Die Heimat hatte einen solch prägenden Einfluss auf das Team, erklärt TJ, dass sie in die Namensgebung einfloss: Die indigene Bevölkerung der Region nördlich von Vancouver und ihre Sprach­e werden auch «Skwxwú7mesh» geschrieben. So ist 7Mesh als respektvolle Referenz an die First Nations gedacht – und an die aussergewöhnliche Landschaft British Columbias.

Mr. Outdoor

«Wir hier in Squamish kennen die Unberechenbarkeit des Wetters, wir sind geprägt von extremen Bedingungen und jedem von uns ist klar, wie entscheidend gute Bekleidung ist. Das gleiche Wissen ist auch fest in der DNA der Schweizer verankert», stellt TJ fest. Er ist 51, könnte aber gut auch als Student durchgehen. Das liegt an seiner durchtrainierten Statur wie an seiner Ausstrahlung. Man spürt seine Umtriebigkeit, seine Neugier, der Blick immer nach vorne gerichtet. Man muss ihn zwingen, kurz innezuhalten und in den Rück­spiegel zu schauen. Das ist bei TJs Historie aber dringend nötig. 1993, da war TJ gerade einmal 23 Jahre alt, stiess er als vierter Mann zu einer kleinen Firma namens Rock Solid Manufacturing. Zwölf Jahre später war er Präsident und CEO – und das Unternehmen schon längst umgetauft in Arc’teryx. Über fast zwei Jahrzehnte hat TJ das Bekleidungslabel aus Vancouver zu einer der ikonischste­­n High-End-Bekleidungsmarken im Outdoor-Segment aufgebaut.
Er zuckt mit den Achseln. «Ja, klar verstehe ich, dass das die Leute interessiert. Das ist schon okay. Ich sage immer, 30 Prozent von meiner DNA sind Arc’teryx und 30 Prozent von Arc’teryx sind meine DNA.» 2012, nach 19 Jahren, verliess er das Unternehmen. Es war über die Jahrzehnte enorm gewachsen, gehörte seit 2005 der börsennotierten Amer-Sports-Gruppe. Mit TJ gingen auch einige seiner engsten Mitstreiter. Und mit einigen von ihnen war er weiterhin gemeinsam unterwegs – meist auf dem Mountainbike oder auf dem Rennvelo. Die ersten unschuldigen Gespräche führten schliesslich zur Gründung von 7Mesh und im Jahr 2015 präsentierten sie ihre erste Kollektion.

Offenbarung im Wallis

«Im Outdoormarkt war über die Jahre so viel an Entwicklung passiert. Aber in Sachen Velo­­bekleidung? Nichts. Wir persönlich hatten einen grosse­n Bedarf an richtig gutem Equipment, der Markt gab das aber nicht her. Und wisst ihr, wo mir das klar wurde? In der Schweiz.» Mitte Mai 2011 war TJ für ein Sales-Meeting von Arc’teryx in Chamonix. Er hatte zwei zusätzliche Tage eingeplant und sein Rennvelo dabei. «Ich fuhr rüber in die Schweiz. Jemand hatte mir von der Passstrasse zum Lac d’Emosson erzählt.» 900 Höhenmeter tritt er bestens gelaunt zum Stausee empor. «Es war wunderschön und einsam. Aber als ich oben ankam, blickte ich plötzlich in eine schwarze Wolkenwand.» TJ lacht und schüttelt den Kopf. «Innerhalb kürzester Zeit tobte ein heftiger Schneesturm. Was habe ich vorher über die DNA gesagt? Ich habe so gefroren, aber noch mehr geflucht. Da stand ich, der CEO von einer der besten Outdoorbekleidungsmarken der Welt, und hatte nichts Vernünftiges zum Anziehen dabei. Weil wir damals eben keine Jacke für ein solches Einsatzgebiet gemacht haben.»
Am 15. Mai 2011 schwor sich der unterkühlte Tyler Jordan im Wallis, dass er Ausrüstung für VelofahrerInnen entwickeln würde. Das Logo sollte nicht der berühmte Archaeopteryx werden, sondern eine zu Berggipfeln stilisierte Kombination aus einer 7 und einem M – 7Mesh. Das erste Produkt, das das damals vierköpfige Team entwarf, war das ultraleichte Resistance Jacket: aus Gore-Windstopper, exakt auf die Position auf dem Velo zugeschnitten, hochatmungsaktiv, ultraleicht. «Genau das hatte uns gefehlt: ein maximaler Schutz, der dicht anliegt, superklein zu packen ist, mit getapten Nähten und maximaler Ventilation.»

Minimalismus in Perfektion

In der Radindustrie spricht sich das schnell herum. Das 7Mesh-Team bringt eine Expertise in den Markt, die bisher gefehlt hat. In Insider-Kreisen werden die Teile zu Must-haves. 7Mesh wächst. Aber das ganz gezielt nur klein. «Wir wollen nicht die grösste Brand werden, sondern die, die am meisten respektiert wird. Als wir anfingen, haben wir unsere Philosophie definiert: Do great things surrounded by great people and have the most fun doing it. Und das tun wir bis heute.» Wie es sich gehört für ein Start-up, fing auch 7Mesh in einer Garage an. «Inzwischen sind es aber schon zwei», lacht TJ.
«Bei 7Mesh geht es darum, sich auf dem Bike wohlzufühlen. Dazu braucht es das beste Material und durchdachte Lösungen – davon aber so wenig wie möglich. Wenn Schnitt und Verarbeitung akkurat sind, wenn die höchste Strapazierfähigkeit gewährleistet ist, dann funktioniert Minimalismus. Dann hast du dein Lieblingsteil. Und das hält ewig.» TJ schaut aus dem Fenster in die Landschaft von Squamish. Sehr gerne, sagt er mit einem Lächeln, würde er jetzt zum zehnjährigen Jubi­läum nochmals im Wallis den Pass in Angriff nehmen. Dieses Mal mit dem Resistance Jacket (dem Original von 2015) in der Tasche von seinem 7Mesh-Trikot. «Aber generell warten noch so viele Abenteuer auf uns, auf die ich mich freue – und noch so viele coole Produkte.»

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