Eisklettern in Kandersteg

1. Dezember 2019

Kandersteg ist ein Kletter-Eldorado. Auch im Winter. Diverse Eisfälle mit ganz unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden sind zu Fuss innerhalb einer Stunde von der Bergstation Sunnnbüel aus erreichbar. Chris und Lea wagten für Transa ihre ersten Eiskletter-Routen.

Fotos: Jonas Jäggy

Verkaufberater, Filiale Bern
Mag es senkrecht und eisig

Um 5.30 Uhr klingelt der Wecker. 6.00 Uhr frühstücken. Anschliessend ziehen wir los in Richtung Luftseilbahn. Eine Extrabahn fährt uns um 7.00 Uhr hoch zum Sunnbüel. Oben angekommen widmen wir uns dem Safety Check. Schaufel und Sonde sind eingepackt, das LVS ist aktiviert. Dann stapfen wir los. Die Schneeschuhe brauchen wir nicht, der Weg in Richtung Spittelmatte ist präpariert, wir können lediglich den Wegweisern folgen.

Etwa 40 Minuten dauert der Zustieg. Wir kommen an mehreren Eisfällen vorbei. Zusammen mit dem Bergführer Andi entscheiden wir uns für jenen ganz hinten. Für die Traverse zum Wandfuss ziehen wir unsere Steigeisen an. Erstes Learning: Alle Zacken sollten den Boden berühren. Das heisst also nicht nur auf einer Kante gehen, sondern auf dem gesamten Fuss. Am Wandfuss angekommen, erklärt uns Andi, was wir sonst noch beachten müssen.

Mit Pickel & Schraube ins Eis


Der Eisfall unter dem wir stehen gilt als geeignetes Einsteigergebiet. Nicht zu steil, nicht zu anspruchsvoll und kurze Seillängen.

Andi macht uns auf die Klettertechnik aufmerksam. Kletterbewegungen sollten vorausgeplant werden. Eine stabile Ausgangsposition hilft, die nächste Bewegung zu machen. Der Blockierungsarm ist gestreckt, mit den Füssen wird eine höhere Position erreicht. Anschliessend die Beine - unterstützt durch den Zug an beiden Handgeräten - durchstrecken. Der Körperschwerpunkt bleibt unter dem Handgerät. Dann ein Schlag in stabiler Position (konzentriert, dosiert und präzise). Das Handgerät nie schräg, sondern immer senkrecht einschlagen. Die Festigkeit des Handgeräts überprüfen.

Dann wieder mit den Füssen arbeiten. Die Füsse immer im 90° Grad Winkel einsetzen, die Ferse darf ein bisschen hängen. Soviel zur Klettertechnik. Weiter geht's mit dem Eisschraubensetzen. Eine Eisschraube wird auf Hüfthöhe gesetzt. In den meisten Fällen ist ein 90° Winkel die beste Lösung. Bei sehr guter Eisqualität kann die Schraube auch mit ca. 10 Grad hängend gesetzt werden. Nach zwei bis drei Umdrehungen sollte sie im Eis greifen. Anschliessend kann sie mit der umklappbaren Kurbel eingedreht werden.

Extrem und kurzsichtig


Nachdem Andi die wichtigsten Instruktionen erklärt hat, der Materialcheck erfolgreich war und wir uns mit einer Tasse Tee aufgewärmt haben, klettert der Bergführer die erste Route vor und setzt die Eisschrauben. Ich steige im Vorstieg auf, Lea kommt im Nachstieg nach. Über das Wetter will ich mich eigentlich gar nicht äussern, aber irgendwie verspüre nun doch den Drang zu erklären, dass wir unter Extrembedingungen klettern: Es ist kalt und nass. Wer nicht klettert, zieht eine Schicht nach der anderen an, bis keine mehr darüber passt. Von oben kommt mehrmals Schnee und Eis und sehen kann man knapp bis zur nächsten Eisschraube. White-out. Es ist trotzdem ein Erlebnis und eine gute Erfahrung, dem Eis so nahe zu sein. Erstaunlich, dass man einem Element vertraut, das normalerweise in flüssiger Form anzutreffen ist.
Auf dem Rückweg verlaufen wir uns fast, der Nebel ist so dicht. Nach einer kurzen Rast und mit gesammelten Kräften finden wir dann doch zur Bergstation Sunnbüel. Glücklich und zufrieden, mit Eiskristallen im Haar, fahren wir mit der Gondel wieder runter in die Zivilisation und gönnen uns ein Bier in der Dorf-Bar in Kandersteg.

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