Kaufberatung Skitouren

12. November 2019

Skitouren sind im Trend – und die schönste Art, den Winter zu erleben. Bei Transa Bern, Luzern und Zürich findest du alles für den Einstieg ins Tourengehen. Verkaufsberater Robert Ohmayer erklärt, welche Ausrüstung du brauchst, von der Mütze bis zu den Fellen.

Fotos: Ruedi Thomi

Verkaufsberater, Filiale Luzern
Ist seit über 40 Jahren leidenschaftlicher Skitourengeher.

Robert, viele Skitourenneulinge kommen von der Piste. Kann ich mit meiner Alpin­ski-Ausrüstung eine Skitour gehen?
Leider nicht! Alpinski sind meist schwerer als Tourenski und anders kon­s­truiert. Du brauchst Felle und eine Bindun­g, bei der man den Fersenteil im Aufstieg ausklinken kann. Im Pisten-Skianzug bist du rasch nass geschwitzt. Und: Auf Skitour brauchst du speziell­e Sicherheitsausrüstung.

Warum klagen viele Skitourengeher über Blasen und Druckstellen?
Blasen kriegst du, wenn dein Fuss zu viel Platz im Skischuh hat und dadurch Reibun­g entsteht. Hat dein Fuss dagegen zu wenig Platz, bekommst du Druck­stellen. Der Skischuh muss perfekt zum Fuss passe­n, wenn man derartige Problem­e vermeiden will. Die meisten Tourenskischuh­e sind deswegen mit thermoverformbare­n Innenschuhe­n aus­gestattet. Diese werden erhitzt, kühlen am Fuss aus und passen sich dadurch perfekt der Fussform des Träger­s an. Im Geschäft können wir zudem die Aussenschalen an­passen, etwa um Überbeinen oder Ballenzehen den nötigen Platz zu verschaffen. Bei uns in der Filiale biete­n wir übrigens eine­n speziellen Bootfitting-Service an, bei dem wir viele Ur­sachen von Blasen und Druckstellen beheben können.

Was unterscheidet Tourenskischuhe von Alpinskischuhen?
Skitourenschuhe sind in der Regel nicht so steif, verfügen über eine spezielle Gehfunktion und haben eine Gummisohle mit gutem Profil. Denn auf Skitour geht man ja gelegentlich die letzten Meter zum Gipfel zu Fuss. Auch haben heutzutage die meisten Tourenskischuhe Inserts für Pin-Bindungen.

Wenn ich einen passenden Tourenskischuh gefunden habe, wie lange hält der?
Das hängt natürlich stark davon ab, wie viel du diesen benutzt. Bei 30 Touren pro Winte­r ist ein Skischuh ungefähr nach vier bis fünf Jahren durch. Gehst du hingegen nur drei Touren pro Saison, hält der Schuh entsprechend länger. Allerdings wird der Kunststoff im Lauf der Jahre auch ohne intensiv­e Nutzung spröde und hart.

Gibt es verschiedene Bindungstypen?
Ja, wir unterscheiden zwei Arte­n: Rahmenbindungen mit einer durchgehenden Verbindung von Vorderbacken und Fersenteil und die eben angesprochenen Pin-Bindungen. Letztere sind in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Besagte Pins sind Metallstifte, die vorne an beiden Seite­n sowie hinten direkt in Metallinserts in der Sohle greifen und den Schuh dadurch auf dem Ski fixieren.

Warum sind Pin-Bindungen so beliebt?
Weil sie mehr Gehkomfort bieten und vergleichsweise leicht sind. Beim Gehen hebt man mit jedem Schritt nur den Schuh an und nicht die komplette Bindung. Das spart Kraft. Bei einer Pin-Bindung liegt der Drehpunkt im Bereich des Vorderfussballens, das kommt dem natürlichen Abrollverhalten sehr entgegen und sorgt für mehr Gehkomfort. Bei einem Sturz lösen auch Pin-Bindungen zuverlässig aus. Neben den leichteren Modellen gibt es auch massivere Modelle, die abfahrtsorientierte Tourengeher ansprechen. Das Einsteigen in diesen Bindungstypen muss ein bisschen geübt werden, speziell in sehr tiefem Schnee oder auf harter und abschüssiger Unterlage. Das lernt man aber mit der Zeit.

Welche Vorteile haben Rahmenbindungen?
Wer genauso unkompliziert in die Bindung steigen will, wie er es von seinen Alpinski gewohnt ist, der wird eine Rahmenbindung als komfortabler empfinden und das Mehrgewicht in Kauf nehmen. Fritschi zum Beispiel fertigt seit vielen Jahren unkomplizierte und verlässliche Bindungen – ideal nicht nur für Einsteiger. Ein weiterer Vorteil: Eine Rahmenbindung kann man auch mit Freeride- oder Alpinskischuhen verwenden.

Tourenbindungen haben in der Regel eine Steighilfe. Wofür?
Die Steighilfe hebt die Ferse an und kommt vor allem beim Aufstieg im steilen Gelände, also ab circa 25 Grad Hang­neigung, zum Einsatz. Die meisten aktuelle­n Tourenbindungen haben eine zweistufige Steighilfe. Vor allem Anfänger tendieren dazu, viel zu früh und viel zu oft die höchste Steighilfe auszuklappen. Klar, man entlastet dadurch die Achillessehne und es fühlt sich komfortabler an. Aber durch den erhöhten Schwerpunkt steht man deutlich wackeliger auf den Ski und es wird schwerer, den nötigen Druck auf die Ski zu bringen. Erfahrene Tourengeher setze­n die höchste Stufe der Steighilfe deswegen so gut wie nie ein. 

Wie finde ich ein zu mir passendes Skimodell?
Um diese Frage zu beantworten, muss ich erst mal herausfinden, was für ein Typ Skifahrer du bist. Hast du Erfahrung im Tiefschne­e? Wie lange fährst du schon Ski? Fährst du gerne schnell? Bist du eher aufstieg­s- oder abfahrtsorientiert? Die Bandbreite bei den Tourenskimodellen reicht vom ultraleichten Rennski aus Carbo­n über den Allrounder bis hin zum Tourenfreerider. Ein Hauptunterschied ist die Breite des Ski unter der Bindung: je abfahrts­orientierter, desto breiter – und dadurch auch meist schwerer. Bei einem Allroundtourenski liegt die Breite heute zwischen 80 und 95 Millimetern. Alles darunter sind eher Aufstiegsski, alles da­rüber geht in Richtung Freeride. Übrigens: Schwere Ski bedeuten nicht immer nur eine­n Nachteil. Denn ein schwererer Ski zieht oft deutlich besser durch schwe­ren, zer­fahrenen Schnee als ein leichtes, "flatterigere­s" Modell.

Was sind die Vorteile von breiten Ski, was die Nachteile?
Der grosse Vorteil liegt im besseren Auftrieb bei der Abfahrt im Tiefschnee. Durch grössere Radien kannst du schneller fahren – unbedingt drehfreudiger sind sie aber nicht. Ein breiterer Ski hat beim Gehe­n mit Fellen einen grösseren Reibungs­widerstand und du brauchst breiter­e Felle, die natürlich auch wieder etwas schwerer sind. Insgesamt gilt: Schmal­e Ski zahlen sich im Aufstieg aus, breite bei der Abfahrt. Es gibt auf dem Markt aber auch gute Kompromisse.

Was ausser der Breite beeinflusst die Fahreigenschaften eines Skis?
Je nach Taillierung fährt der Ski grössere oder kleinere Radien; wer Kurzschwünge bevorzugt, tut sich mit stärker taillierten Ski leichter. Dann die Härte der Ski: Je härte­r, desto spurtreuer, ruhiger und kanten­griffiger – desto schwerer allerdings auch. Unterm Strich ist es aber so, dass heutige Tourenski durch die Bank einfacher zu fah­ren sind als noch vor rund zehn Jahren. 

Gibt es unterschiedliche Konstruktionen bei Tourenski?
Auch im Tourenbereich gibt es immer mehr Rockerski, die also keine oder nur sehr weni­g Vorspannung haben. Die Skispitz­e ist stärker und früher nach oben aufgebogen. Das hat im Tiefschnee den Vorteil, dass der Ski besser aufschwimmt, sich leichter drehe­n lässt und sich viel wenige­r in den Harsch (Harst) frisst. Es gibt aber natürlich auch heute noch Tourensk­i mit einem eher klassischen Profil, die super Fahreigenschaften haben.

Was ist bei den Fellen zu beachten?
Die meisten Steigfelle bestehen aus einer Mischun­g von Mohair und Kunstfaser. Erstere­s ist ein Naturprodukt und in Verbindung mit Synthetik gleitet es leicht und biete­t gute Steigeigenschaften. Nachteil: Mohair verschleisst recht schnell. Reine Kunstfaser-Felle sind robuster, haben aber einen höheren Gleitwiderstand bei aus­gesprochen guter Steigeigenschaft. Einem Allround-Skitourengeher empfehle ich ein Mischfell mit etwa 60 Prozent Synthetik- und 40 Prozent Mohair-Anteil.

Wie werden die Felle am Ski befestigt?
Am weitesten verbreitet sind Klebefelle, deren Klebstoff man auch auffrischen oder erneuern kann. Sie sind jedoch etwas kälteempfindlic­h. Das kann problematisch werden, wenn du bei sehr niedrigen Temperature­n öfter an- und abfellen musst. Adhäsionsfelle dagegen heften sich temperaturunab­hängig mittels Unterdruck an den Ski. Allerdings sollte man bei diesen Fellen den Skibelag möglichst sauber halten und ihn vor dem Auffellen trocken reiben.

Brauchen Neulinge Harscheisen?
Ja, auf jeden Fall. Sonst kann es dir pas­sieren, dass du an einem abgeblasenen Gipfelhan­g stehst und null Halt hast. Unsere Winter werden immer wechselhafter. Da kann es auch mal, wie letztes Jahr hier in der Schweiz, im Dezember Firnverhältnisse habe­n. Ist das der Fall, bist du im Auftsieg auf Harscheisen angewiesen.

Kann ich wenigstens meine Skistöcke von der Piste verwenden?
Theoretisch geht das, aber deutlich mehr Komfort bieten spezielle Skitouren­stöcke: Sie lassen sich an ein oder zwei Punkten in der Länge verstelle­n und haben einen nach unten verlängerten Griff, damit du bei Hang­querungen den oberen Stock tiefer greifen kannst. Übrigens: Im Aufstieg sollte man besser nicht die Handschlaufen ver­wenden. Denn in einer Lawin­e können eine­n die Stöcke unter Umständen wie ein Anker nach unte­n ziehen. 

Kommen wir zur Sicherheitsaus­rüstung: Was sind die Basics?
Drei Dinge müssen auf jede Skitour mit: ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (LVS), eine Sonde und eine Schaufel. Bei den LVS sind heute digitale Geräte mit drei Antennen Standard. Wichtig ist, dass das Handling möglichst intuitiv ist, damit die Bedienung im Ernstfall problemlos klappt. Bei Sonden sind die meisten Modelle aus Aluminium, es gibt aber auch welche aus Carbon. Die Sond­e sollte mindestens 2,4 Meter lang sein. Ich empfehle eine Aluminium-Schaufel: Lawinen­schnee kann extrem hart sein, da ist eine robuste Schaufel sehr von Vorteil. Elementar ist auch, dass du lernst, wie das Orte­n, Sondieren und Ausgraben eines Verschütteten funk­tioniert, zum Beispiel bei einer Bergschule oder einem Verein wie dem SAC (Schweizer Alpen-Club). Am besten frischt man sein Wissen sogar vor jeder Saison wieder auf.

Immer mehr Skitourengeher tragen einen Lawinenairbag. Wie stehst du dazu?
Aus meiner Sicht macht der Airbag dann Sinn, wenn dadurch nicht die Risikobereitschaft steigt. Er erhöht die Überlebens­chancen, wenn du in eine Lawine gerätst, das ist statistisch belegt. Sofern du ihn ausgelöst hast, schwimmst du dank der Luftkissen oben auf der Lawine mit, wirst im Idealfall gar nicht oder nur teilweise verschüttet. Dieses Sicherheitsplus hat aber seinen Preis: nämlich rund 800 Franken aufwärts. Ein weiterer Faktor ist das Gewicht: Das komplette System aus Airbag, Kartusche und Griff wiegt im Schnitt etwa zwei bis zweieinhalb Kilo.

Es gibt verschiedene Airbag-Systeme. Wie unterscheiden die sich?
Es gibt grundsätzlich zwei Funktions­weisen: Viele Airbags sind mit einer Gas­kartusche ausgestattet, die im Ernstfall die beiden Ballons aufpumpt. So sind zum Beispie­l die Rucksäcke von Ortovox konstruiert. Seit einiger Zeit gibt es aber auch Modelle, zum Beispiel von Arc’teryx und Pieps, die mit Strom betriebe­n werden: Eine Hochleistungs­turbine bläst die Ballon­s auf, und zwar gena­uso schnell wie die Gaskartusche in etwa drei Sekunden. Ein Vorteil dieser Funktionsweise: Man kann den Airbag beliebi­g oft auslösen, zum Beispiel zu Trainingszwecke­n, und anschliessend den Akku einfach wieder aufladen. Optima­l ist das System auch für Flugreisen. Denn die Gaskartuschen dürfen nur unter ganz bestimmte­n Bedingungen, und in manchen Regionen (USA, Kanada) gar nicht, mit in den Flieger.

Wie gross muss der Rucksack sein?
Für eine Tagestour benötigt man man ungefähr 25 Liter Volumen. Ein verlängertes Wochenend­e mit Hüttenübernachtung oder eine Skihochtour mit Gletscheraus­rüstung erfordern 35 Liter und mehr.

Was ziehe ich auf Skitour an?
Auf Skitour hast du zwei ganz ver­schiedene Situationen: den Aufstieg, bei dem es meist recht warm wird, sowie die Gipfelpause und die Abfahrt, wobei es kühl wird. Da bietet sich das Zwiebelprinzip geradezu an, also mehrer­e Schichte­n, die du nach Bedarf aus- und anziehst. Direkt am Körper empfehl­e ich ein Funktionsunterhemd. Ob lang- oder kurzärmelig, ob Kunstfaser oder Merino – das ist abhängig von den Vor­lieben und den Verhältnissen, vor allem von der Temperatur. Als mittlere Schicht bietet sich ein dünnes Fleece an, am beste­n atmungsaktives und dehnbares Materia­l. Am Gipfel kommt die wärmende Daunen- oder Kunstfaserjacke zum Einsat­z. Mütze oder Stirnband und Handschuhe gehören auch zur Standardaus­rüstung – wobei ich meistens mehrere Paar Handschuhe mitnehme: ganz dünne oder sogar fingerfreie für den Aufstieg und gefütterte, wasserresistente Handschuhe für die Abfahrt.

Sollte man auf Tour einen Helm tragen?
Bei der Abfahrt definitiv! Ein leichtes Modell kann man im Aufstieg im oder am Rucksack tragen und dann für die Abfahrt aufsetzen. Wer wirklich auf Nummer siche­r gehen möchte, trägt auch im Aufstieg eine­n Helm, denn auch da kann man in eine Lawine geraten oder stürzen. Dies wäre konsequent, findet aber bei der Mehrheit der Tourengeher noch keine Zustimmung.

Thema Skibrille: Kann ich die von der Piste benutzen?
Ja, das kannst du. Eine Skibrille trägt man meist nur zur Abfahrt, ich würde dir zu einem gut belüfteten Modell raten, da dieses nicht so leicht beschlägt. Für den Aufstieg kann eine Sport-Sonnenbrille, die rundum gut abschliesst, aufgesetzt werden.

Ein letzter Tipp für Neulinge?
Anfänger brauchen natürlich nicht nur die richtige Ausrüstung, sondern auch ein Grundlagenwissen. Die realistische Einschätzung von Gefahren ist beim Ski­tourengehen überlebenswichtig. Deswegen kann ich jedem nur raten, einen Aus­bildungskurs zu absolvieren und im Idealfall die ersten Skitouren mit jemandem zu gehe­n, der schon das nötige Können hat.

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