Vanlife: Ausrüstungstipps für die Freiheit auf vier Rädern
10. März 2020
Wer mit dem Camper reist, braucht keine teuren Hotels, ist maximal flexibel, kann viel Outdoor-Spielzeug einpacken und geniesst die grosse Freiheit. Pia von der Markthalle Bern erklärt die Faszination Vanlife.
Fotos: Ruedi Thomi, Philip Baues
Für mich ist es vor allem die grosse Freiheit. Wie ein Nomade kannst du von Ort zu Ort ziehen und bleibst, wo es dir gefällt. Du bist nah dran an der Natur, hast aber trotzdem ein Dach über dem Kopf und fühlst dich in deinem kleinen Refugium wohlbehütet, selbst wenn draussen die Elemente toben.
Du hast 2016/17 ein ganzes Jahr im Campervan verbracht. Wie kam es dazu?
Die Hauptmotivation von mir und meinem Partner war, dass wir uns von materiellen Dingen lösen wollten. Wir wollten uns völlig frei fühlen, unterwegs sein, keinen Terminkalender im Kopf haben. Wir waren beide selbstständig, haben die Geschäfte aufgelöst, unser Haus verkauft und sprichwörtlich alle Brücken abgebrochen. Vorher haben wir auf 320 Quadratmetern gewohnt, dann sind wir von heute auf morgen in den Bus gezogen.
Hattet ihr keine Angst vor diesem Schritt?
Wir hatten überhaupt keine Erfahrung, wussten nicht mal, was wir alles einpacken sollten. Vorher hatten wir nur mal zwei Wochen einen Campervan gemietet, um zu sehen, ob das was für uns ist. Es hat sich vom ersten Moment an richtig angefühlt.
Wie sah eure Reiseroute aus?
Von der Dune du Pilat in Frankreich sind wir die ganze iberische Halbinsel runtergefahren, immer an der Küste entlang. Wir lieben die Wärme und das Meer. Das ist ja das Tolle am Vanlife: Wenn das Wetter nicht mitspielt, setzt du dich einfach ans Steuer und fährst woanders hin.
Ja, Vanlife ist, was du daraus machst. Du musst weder ein teures Wohnmobil haben noch dauerhaft im Bus leben oder, wie wir, ein ganzes Jahr unterwegs sein. Zu uns kommen auch Kunden, die schon lange vor dem Hashtag #vanlife im Kombi oder Kastenwagen übernachtet haben, um das Maximale aus einem Wochenende in den Bergen rauszuholen. Für jeden Geldbeutel gibt es praktische Tipps, um komfortabler und entspannter unterwegs zu sein.
Das heisst, die Ausrüstung unterscheidet sich von klassischer Rucksack-Ausrüstung?
Wer zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs ist, setzt fast zwangsläufig auf Minimalismus. Natürlich funktioniert der Ultraleichtschlafsack auch im Auto und Tütenfutter macht auch satt. Aber beim Vanlife muss diese Einschränkung nicht sein. Wir hatten auf unserer Reise zum Beispiel eine echte Bettdecke und ein richtiges Kissen dabei. Versuch das mal in deinen Trekkingrucksack zu stopfen! Wenn du kein festes Bett im Bus hast und weniger Platz, kannst du trotzdem eine dicke Matte und einen leichten Deckenschlafsack nehmen. So schläfst du sicher bequemer als in einem engen Mumienschlafsack und auf einer knisternden Luftmatratze.
Egal ob Rucksack oder Wohnmobil – wir neigen stets dazu, den Stauraum komplett zu nutzen. Es gilt, die richtige Balance aus Komfort und Reduktion zu finden. Das vierte Funktionsshirt braucht es sicher nicht, die stabilen Wanderstiefel aber vielleicht schon. Überhaupt ist das der grösste Vorteil am Vanlife: Du hast Platz für jede Menge Sportausrüstung. Morgens biken, danach klettern und am nächsten Tag Gleitschirm fliegen – deine «Spielzeuge» sind immer dabei.
So viel teures Equipment lockt Langfinger an. Wie steht es um die Sicherheit?
Natürlich solltest du keine Wertgegenstände offen im Auto liegen lassen. Sinnvoll ist auch ein abschliessbares Gepäcknetz aus Edelstahl: Packe wichtige Teile in eine Tasche und schliesse alles an eine feste Öse im Kofferraum. Selbst wenn dein Auto aufgebrochen wird, ist so die Chance gross, dass sich der Schaden in Grenzen hält. Hast du einen grossen Van, kannst du dein Mountainbike im Innenraum lagern, wenn du unterwegs bist. Bleibt das Velo auf dem Aussenträger, solltest du in ein gutes Schloss investieren. Das U-Lock Evolution Mini von Kryptonite lässt sich nur schwer knacken und mit dem 1,20 Meter langen Endschlaufenkabel kannst du Vorderrad, Rahmen und Hinterrad sichern.
Ich liebe frische Lebensmittel, auf unserem Atlantik-Trip habe ich es genossen, über die Märkte zu schlendern und mich von der lokalen Küche inspirieren zu lassen. Die meisten Campingbus-Küchen haben einen Zwei-Flammen-Herd – da bist du natürlich etwas eingeschränkter als daheim. Inzwischen ist Vanlife aber so populär, dass es auch viele Kochbücher speziell zum Thema gibt. Ich bin ein grosser Fan von Eintöpfen, da muss man nach dem Essen auch weniger spülen ;-) Wenn du eine feste Gasanlage hast, musst du auch nicht so sehr auf kurze Garzeiten achten. Bei einem kleinen Campingkocher bieten sich schnell kochende Pasta und Gemüse an.
Wie sieht es mit Dutch Oven & Co. aus?
Bei unserem Ausflug für «landuf, landab» haben wir fast nur auf dem offenen Feuer gekocht. Egal ob Steak vom Grill, frisches Brot aus dem Outdoor-Backofen oder Schmortopf im Dutch Oven – die mobile Unterkunft vergrössert also auch deine kulinarische Reichweite enorm. Und selbst wenn du weniger anspruchsvoll bist: Nach einem langen Tag in den Bergen schmeckt der Rotwein aus richtigen Weingläsern einfach doppelt gut!
Die Jungs haben im Hochdach geschlafen, Madlaina und ich unten. Wenn jeder ein bisschen Ordnung hält, geht das erstaunlich gut. Praktisch sind Packbeutel in verschiedenen Grössen. So hast du deine Ausrüstung, Bekleidung oder die Zahnbürste schnell zur Hand, ohne gleich das ganze Auto auf den Kopf stellen zu müssen. Auch eine Wäscheleine für nasse Klamotten oder Skitourenfelle ist Gold wert. Uneins waren wir uns nur in einer Frage: Standheizung an oder aus. Madlaina und ich sind echte Gfrörli, am Ende haben wir die Heizung mit dem Timer eine Stunde fürs Einschlafen eingeschaltet. So waren alle glücklich!
Für die Sommerstaffel 2019 von «landuf, landab» auf Sat.1 gingen vier Transa Outdoor-Profis auf eine Campervan-Reise durch den Naturpark Gantrisch: zum Biken, Klettern, Wildniswandern und Kochen auf dem Feuer.
Anschauen kannst du dir die Folgen hier:
Jein. Laut Gesetz darfst du übernachten, «um die Fähigkeit zum Fahren wiederherzustellen». Parkieren ist also erlaubt, Campieren nicht. Es gibt aber auch häufig
Caravan-Stellplätze, wo du für ein paar Stutz übernachten kannst. Oft hat es da sogar ein WC und du darfst auch grillieren und dein Vorzelt aufbauen. Ansonsten kann man viel für die Akzeptanz tun, indem man sich vernünftig verhält: keine Anwohner stören, den Müll mitnehmen und den Platz auch mal sauberer hinterlassen, als man ihn vorgefunden hat.
Trotzdem sind manchem Touristiker die Van-Nomaden ein Dorn im Auge: Sie zahlen kein Hotelbett, kommen mit vollem Kühlschrank und verrichten ihr Geschäft im nächsten Busch.
Klar, schwarze Schafe gibt es überall. Ich habe es aber eher so erlebt, dass die Leute ihre Freiheit nutzen, um Ecken zu besuchen, an die sie sonst nicht reisen würden. Und für die meisten sind nicht die Kosten entscheidend, sondern das tolle Gefühl, autark unterwegs zu sein. Das bei der Übernachtung eingesparte Geld findet also durchaus seinen Weg in lokale Cafés, Restaurants und Geschäfte.
Und für die Dusche gehe ich einfach ins nächste Schwimmbad?
Oder zum nächsten See oder Bach. Und du glaubst gar nicht, wie weit du mit Feuchttüchern kommst. Wir haben zum Beispiel die extragrossen Wilderness Wipes von Sea to Summit im Sortiment, die sind 20 mal 30 Zentimeter gross. Die Haare kannst du damit natürlich nicht waschen, aber für die Körperpflege reichen sie allemal. Wer mehr will, nimmt eine Solardusche mit. Die hängst du einfach an einen Baum oder draussen ans Auto, wenn du auf Tour gehst. Nach ein paar Stunden hat die Sonne das Wasser erwärmt und du kannst eine schnelle Dusche geniessen.
Bei einem klassischen Roadtrip ganz einfach über die Boardbatterie. Die wird ja auf jeder Fahrt geladen. Viele Camper-Modelle haben eine zweite Batterie für den Wohnraum, die man anzapfen kann, ohne Gefahr zu laufen, dass der Motor nicht mehr anspringt. Wer lange unterwegs ist, nur selten auf Campingplätze geht und auch mal viele Tage an einem einsamen Ort verbringen will, sollte über ein Solarmodul auf dem Dach nachdenken. Mit ausreichend Gas und Frischwasser im Tank bist du so auch über einen langen Zeitraum hinweg wirklich autark. Und im Idealfall hast du eh keinen Handy-Empfang, dann musst du dich gar nicht erst mit Social Media rumschlagen ;-)
Apropos Medien – kannst du Apps zum Planen eines Roadtrips empfehlen?
Am wichtigsten ist sicher eine Wetter-App, damit du möglichst stets auf der Sonnenseite unterwegs bist. Ein Regenradar kann auch sehr hilfreich sein, da manchmal schon ein Tal weiter die Sonne scheint, während du im Regen hockst. Camping- und Stellplatz-Apps gibt es viele – eine gute Übersicht hat der Touring Club Schweiz.
Auf jeden Fall. Auch wenn mein Partner und ich dafür inzwischen wohl zu alt wären. Auch habe ich während des Jahres auf Achse gemerkt, wie wichtig mir Freunde und Familie hier in Bern sind und wie schön es ist, irgendwo verwurzelt zu sein. So toll die Freiheit auch ist – wenn du alle paar Tage zum nächsten Ort aufbrichst, heisst es immer wieder Abschied nehmen.
Trotzdem hat uns die Reise im Camper nachhaltig beeinflusst: Wir haben gemerkt, wie wenig man eigentlich braucht, um glücklich zu sein! Auch haben wir uns entschlossen, uns den Stress der Selbstständigkeit nicht mehr anzutun und stattdessen beruflich unserem Herzen zu folgen. Aktuell halten wir die Augen nach einem neuen Campervan offen – mal sehen, wohin die Reise geht!
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