Hochtour aufs Gross Spannort – Tipps einer Bergführerin

Drei Frauen beim Gipfelkreuz auf dem Gross Spannort in den Urner Alpen.
Angelina
Verkaufsberaterin, Filiale Luzern
© Fotos

Eine Hochtour auf das Gross Spannort in den Urner Alpen: Bergführerin und Verkaufsberaterin Angelina startet mit zwei Kolleginnen in Engelberg. Hier gibt sie Einblick in die Tour und Tipps zur richtigen Vorbereitung und der nötigen Ausrüstung.

Es ist stockfinster, als wir die Spannorthütte verlassen. Mit Stirnlampen suchen wir uns einen Weg über eine Geröllhalde hinauf zum Grat. Als wir dort oben ankommen, spitzelt die Sonne über die Gipfel der Urner Alpen. Sie taucht die markanten Felsen des Grossen und Kleinen Spannorts in ein wunderschönes Licht. Mich erinnern die beiden immer an Berge in Südamerika, zum Beispiel den Cerro Torre. Im goldenen Morgenlicht ziehen wir uns die Steigeisen und Klettergurte an und gehen über den Spannortgletscher bis zum Fuss des 3198 Meter hohen Grossen Spannorts. Hier wird es ernst. Die letzten Höhenmeter gehen steil im Kalkfels hinauf.

Am Nachmittag zuvor beginnt unsere Tour am Bahnhof in Engelberg. Dort treffe ich Selina und Swinde, ausserdem unseren Fotografen Ruedi. Ich bin Bergführerin und habe damit mein Hobby zum Beruf gemacht. Meine Leidenschaft für Bewegung und das Draussensein, für Berg und Wasser gebe ich gerne an andere weiter.

Nach einer herzlichen Begrüssung am Bahnhof kontrollieren wir gemeinsam die Ausrüstung. Manchmal lasse ich mir den kompletten Inhalt des Rucksacks zeigen. Dabei geht es nicht nur darum, alles Notwendige dabeizuhaben, sondern auch darum, keinen unwichtigen Ballast mit auf den Berg zu tragen. Vor all meinen Touren stelle ich deshalb eine Materialliste zusammen, die zum Gelände, zur Länge der Strecke und zur Jahreszeit passt. Im Falle dieser Hochtour ist die Kontrolle schnell erledigt. Ich prüfe vor allem, ob alle einen Klettergurt und passende Steigeisen dabeihaben. Dann geht es auch schon los. Die beiden Transa Mitarbeiterinnen Selina und Swinde kenne ich vorab nicht, weiss aber, dass sie keine routinierten Hochtourengeherinnen sind. Dass sie dafür die besten Voraussetzungen mitbringen, ist mir schon nach wenigen Minuten des 900-Höhenmeter-Aufstiegs klar. Denn die beiden können laufen – über Stock und Stein, ohne ständig etwas loszutreten, und mit einem guten Gespür für den Weg. Die perfekte Basis für den kommenden Tag und die Herausforderungen, die uns bevorstehen.

  • Drei Bergsteigerinnen schnallen sich die Steigeisen an die Schuhe. Im Hintergrund sieht man einen Sonnenaufgang.

    Swinde, Angelina und Selina (v. l.) beim Anziehen der Steigeisen am Spannortgletscher.

    Foto © Ruedi Thomi
  • Bergführerin Angelina sitzt am Tisch, vor ihr liegt eine Karte ausgebreitet.

    Bei der Tourenplanung bindet Angelina ihre Gäste bewusst mit ein, damit sie wissen, was sie erwartet.

    Foto © Ruedi Thomi
  • Drei Frauen am Felsen auf einer Hochtour.

    Angelina mit Swinde und Selina – jetzt geht das Klettern los.

    Foto © Ruedi Thomi
  • Drei Personen klettern während einer Hochtour.

    Vorsichtig, Meter um Meter, klettern die drei Frauen dem Gipfel entgegen.

    Foto © Ruedi Thomi
  • Zwei Personen hängen am Seil in einer steilen Felswand.

    Die letzten Höhenmeter zum Gipfel des Gross Spannort führen eine steile Kalkwand hinauf.

    Foto © Ruedi Thomi

Znacht bei Sonnenuntergang

Am Bach entlang, durch den Wald und über offene Alpwiesen mit Boulderblöcken führt uns der zunächst recht flache und einfache Weg. So können wir uns voneinander erzählen und uns ein bisschen näher kennenlernen. Das letzte Stück zur Spannorthütte ist etwas steiler und verlangt uns mehr ab. Gut, dass wir uns zuvor bei einer Pause gestärkt haben. Nach rund drei Stunden an dem kleinen Hüttchen angekommen, empfängt uns Hüttenwart Andy und zeigt uns die Zimmer. Dann folgt das erste Highlight unserer Tour: ein Znacht auf der Terrasse, auf knapp 2000 Meter Höhe, mit Blick auf den wunderschönen Sonnenuntergang.

Nach dem Abendessen gehen wir gemeinsam den nächsten Tag durch. Die Planung selbst habe ich natürlich schon im Vorfeld gemacht und Länge, Höhendifferenz, Schwierigkeit, aktuelle Verhältnisse und das Wetter genau geprüft. Mir ist bei solchen Touren aber immer wichtig, dass auch die Gäste wissen, was auf sie zukommt. Dabei schauen wir auf der Terrasse der Spannorthütte zuerst auf das zurück, was wir schon geschafft haben. Auf einer Karte zeige ich Selina, Swinde und Ruedi, von wo aus wir gestartet sind, an welchem Punkt wir Pause gemacht haben und wo die steileren Stellen bis zur Hütte hinauf liegen. Danach erkläre ich den Weg bis zum Gipfel. Ich zeige, wo wir Pause machen werden, so dass sich alle ihre Kräfte gut einteilen können.

Ausrüstung für die Hochtour

Ausrüstung für den Gipfel

Bevor wir uns in den modernen, frisch renovierten Zimmern der Spannorthütte zum Schlafen hinlegen, machen wir aus, wann wir morgens starten. Weil wir auf dieser Tour foto­grafieren, werden wir früher losgehen als normaler­weise notwendig, um die besten Sonnenstrahlen einzufangen. Ich gebe noch letzte Tipps, was für die Gipfelbesteigung mit rund 1250 Höhenmetern in den Rucksack muss – Kletter­zeug, Tee, eine warme Jacke und die Stirn­lampe –, dann gehe­­n wir ins Bett. Morgen erwartet uns ein Aufstieg von knapp fünf Stunden.

Als der Wecker klingt, ist es noch dunkel. Drei Uhr. Der Hüttenwart steht mit uns auf und richtet uns ein leckeres Zmorge, kocht sogar Spätzle. Gestärkt gehen wir los, in der Finsternis, bis uns die ersten Sonnenstrahlen über den Berggipfeln erreichen. Am Fusse des Grossen Spannorts beginnt der letzte Strecken­abschnitt unserer Hochtour. Und gleich am Anfang wartet die schwierigste Seillänge auf uns. Doch Swinde und Selina bleiben ganz ruhig, wir arbeiten uns gemeinsam Meter für Meter nach oben. Die Kletterpassage hat ungefähr eine Schwierigkeit im Bereich 4+, die Wand ist steil, aber griffig.

Nach der ersten schwierigen Stelle gibt es hin und wieder auch ein paar Felsstufen, auf denen wir stabil stehen und unsere Arme etwas entspannen können. Die letzten Meter zum Gipfel meistern wir problemlos. Oben erwartet uns das Brockengespenst. Das ist ein Schattengebilde auf der Nordseite, das aussieht, als hätte man einen Heiligenschein. Wir haben es geschafft, vor allem Selina und Swinde können stolz sein. Das i-Tüpfelchen: Der Mix aus Sonne und Quellwolken liefert uns die perfekte Fotokulisse.

Sicherheit auf Hochtour – Tipps einer Bergführerin

Eine Hochtour bringt immer auch Gefahren mit sich. Aber mit dem nötigen Wissen und der richtigen Ausrüstung kannst du dich gut vorbereiten. Folgend findest du die wichtigsten Tipps von Angelina:

Plane die Tour immer entsprechend der individuellen Fitness und Gesundheit. Denn der Körper ist diese Höhe nicht gewohnt und muss sich erst daran anpassen.

Informiere dich über die Tour mit Karten, Führerliteratur, Internet und Experten. Beachte dabei auch immer den Wetterbericht.

Packe in deine Ausrüstung unbedingt ein Erste-Hilfe-Paket, einen Biwaksack, eine Stirnlampe und das Mobiltelefon.

Mache unterwegs regelmässig Pausen. Wenn du immer wieder mal etwas trinkst und isst, bist du länger leistungsfähig und kannst dich besser konzentrieren.

Anseilen am Gletscher ist insbesondere im Sommer wichtig, um nicht in Spalten zu stürzen. Sichere die Seilschaft wenn möglich an zuverlässigen Fixpunkten.

Für die Orientierung im Gelände ist es notwendig, den Umgang mit Karte, Höhenmesser und GPS zu beherrschen.

Versteinerte Fische als Andenken an die Hochtour

Ich mag diese Tour sehr gerne, obwohl – oder gerade weil – sie nicht auf einen Viertausender führt. Ich finde, ein Dreitausender steht einem Viertausender meist in gar nichts nach. Im Gegenteil. Die Touren dort sind oft technisch spannender, landschaftlich mindestens genauso schön und viel weniger besucht. Das fällt mir auch wieder auf, als wir nach einer kurzen Rast vom Gross Spannort absteigen. Gerade einmal zwei Seilschaften sind an diesem Tag dort unterwegs.

Beim Abstieg zurück zur Spannorthütte schmerzen die Knie ein wenig, denn es sind einige Höhenmeter und steile Passagen. Doch zuvor haben wir am Gletscher, als wir die Steigeisen wieder am Rucksack befestigt haben, noch einen aussergewöhnlichen Fund gemacht: versteinerte Tintenfische. Der Gedanke daran, dass wir uns dort auf knapp 3000 Metern über dem Meeresspiegel auf dem Boden eines jahrtausendealten Ozeans befinden, ist Wahnsinn und entschädigt uns für die kleinen Schmerzen beim Abstieg.

Auf der Spannorthütte packen wir ein, was wir für unsere Gipfeltour am Morgen dortgelassen hatten, und stärken uns noch mit einer Brotzeit. Die letzten 900 Höhenmeter zurück ins Tal sind keine Herausforderung mehr. Nach ein paar Stunden kommen wir am Bahnhof in Engelberg an und verabschieden uns. Ich bin glücklich. Wieder zwei Menschen mehr, denen ich meine Leidenschaft für die Berge und speziell für Hochtouren weitergeben konnte.

  • #Hochtouren

  • #Bergsteigen

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